6. Etappe 1.Woche

Anders als ursprünglich geplant will ich die 5.Etappe nicht erst im Oktober, sondern noch im August unternehmen, weil in dieser Zeit die Wind- und Wellenbedingungen erheblich besser sind. Für einen solchen Törn melden sich Matthias und Birgit, beide aus Berlin, sowie Michael aus Köln an. Nacheinander treffen wir in Nazare ein. Wir proviantieren für 6 Tage und diskutieren die Route nach Teneriffa, ca 670 Meilen. Das Wetterfenster ab dem 20.8. sieht gut aus, Sorgen machen uns nur die Orcas, die noch immer gerade Segelboote angreifen und das Ruder zerstören. Ich habe zwar alles, das der  Abwehr Dienst an Bord: Elektrische Geräte wie Pahl und Ping, ebenso wie Sand und Unterwasserböller. Ob das wohl im Ernstfall reicht?

Michael
Birgit
Matthias

Wir entscheiden uns, von Nazare in westlich Richtung zu segeln, um möglichst weit weg von der portugiesischen Küste zu kommen. Orcas halten sich bislang in Küstennähe auf. So halten wir die Strecke gering, auf der wir Begegnungen haben könnten. 

Am Sonntagmorgen geht es los. Der Wind kommt prima aus Nord mit 4-5 Bft., die Welle mit 1,5 bis 2 Meter ist gerade so erträglich. Hinter dem Verkehrstrennungsgebiet Lissabon biegen wir nach Süden ab und fahren mit achterlichen Wind bei einem gerefften Grossegel und einem ausgebaumten Vorsegel gerade auf Lanzarote zu.

Beim Ausbaumen durch Spifall

Die erste Herausforderung ist die Zubereitung des Abendessens. Es schaukelt schon ganz schön und man muss achtgeben, dass der Topf nicht vom Herd fliegt. Deshalb gibt es auch nur Nudeln mit Pesto. Der Hunger ist aber nicht so groß, der Magen hat sich noch nicht entspannt wegen Aufregung oder Welle oder aus allem etwas.

Wir legen die Wachen fest und orientieren uns dabei an den Erfahrungen, die wir in der Biskaya gemacht habe: Ab 22.00 Uhr alle drei Stunden. Da die Welle nicht exakt von hinten kommt, wirft sie uns immerhin von Steuerbord nach Backbord und wir kommen nur schwer in den Schlaf. Aber die Müdigkeit siegt.

Der Morgen lockt mit einem schönen Sonnenaufgang und dem Rückgang der Welle bei gleichbleibendem Wind. Als gegen 10.00 Uhr alle ausgeschlafen sind, heißt es, wieder am Herd stehen und Porridge kochen. Der Einfachheit halber gibt es Nescafé.

Die Wetterbedingungen werden immer idealer und unsere Stimmung steigt. Als wir auf der Höhe der Straße von Gibraltar sind, haben wir das Orcaproblem endgültig hinter uns gelassen. Mittlerweile haben wir, bzw. unsere Mägen sich an die Schaukelei gewöhnt. Wir begegnen 3 Tage lang keinem Schiff, sehen viele Delphine um uns herum und schauen nachts in einen sternenklaren Himmel. Für mich ist es eine perfekte Vorbereitung auf den langen Schlag in die Karibik , für die anderen Drei ein beeindruckendes Erlebnis. Ca. 100 Meilen vor den Kanaren lässt der Wind nach. Wir schaffen zwar noch die letzte Nacht unter Segeln, müssen aber dann den Motor anschmeißen und steuern den Hafen von Graciosa an. In der Vorbereitung darauf, als wir wieder Internetempfang haben, lese ich, dass es angebracht ist, sich Tage vorher anzumelden, da man sonst abgewiesen wird. Hm!! Ich rufe an und schreibe Emails, aber erhalte keine Reaktion. Meine Befürchtungen werden wahr: Obwohl der Hafen fast leer ist, erhalten wir von einem mit Gummiknüppel bewaffneten Mariniero keine Erlaubnis zum Anlegen. Nach 6 Tagen auf See konnte ich gewisse Wut über ein solches Verhalten nicht verbergen, zumal wir auch keinen Diesel nachtanken konnten, den wir dringend brauchten, denn der nächste Hafen war über 35 Meilen entfernt. Also fahren wir wieder raus, telefonieren mit der Marina Rubicon auf Lanzerote und lassen uns eine Bestätigung über einen Liegeplatz geben. Zum Glück hatte ich noch Kanister voll Diesel aus dem Ijsselmeer und konnte etwas nachtanken. 

Land in Sicht


Wir erreichen die Marina nach Mitternacht und wie immer zu dieser Zeit ist es stockdunkel. In Schleichfahrt tasten wir uns an die Hafeneinfahrt vorbei an in der Dunkelheit liegenden Booten vor Anker heran. Die Beleuchtung der Einfahrt ist mächtig irritierend und zu allem Überfluss fällt der Plotter aus. Endlich sehen wir einen Mariniero winken und uns einen Platz zuweisen. Überglücklich machen wir fest, es ist 1 Uhr!

Leider rutscht Michael an der Stegkante ab und verletzt sich derart schwer, dass wir ihn ins Krankenhaus bringen müssen, das er aber wieder am gleichen Tag mit ein paar Stichen im Gesicht verlassen kann. Auch wenn das für ihn kein Trost sein mag, sind wir doch froh, dass nichts schlimmeres passiert.

In den nächsten Tagen steigt Wind und Welle, so dass wir genügend Zeit haben, um zu überlegen wie es weiter geht auf der Fahrt nach Tenneriffa.